Im Schwäbischen haben eine Reihe von im Hochdeutschen gebräuchlichen Wörtern völlig andere Bedeutungen. Die besten Beispiele finden sich in der menschlichen Anatomie. Aber auch in anderen Bereichen wie der Tierwelt gibt es gewaltige Unterschiede. Auch gibt es bei uns Ausdrücke und Redewendungen, die nur wir verstehen. Nichtschwaben haben damit oft massive Probleme, daher hier ein paar Erklärungen.
S‘ Kreuz
Auf hochdeutsch: das Kreuz. Damit meinen wir Schwaben aber keineswegs das hölzerne Kreuz, an das Jesus genagelt wurde oder etwa die Last, die ein Mensch zu tragen hat. Nein, unser „Kreuz“ ist der Rücken, wobei das schwäbische Kreuz vom letzten Halswirbel bis hinunter zum Steißbein geht. Wenn es also der Schwabe „im Kreuz“ hat, dann hat er Rückenschmerzen – wobei deren Lage völlig unklar ist. Das kann im Schulterblatt sein oder aber im Bereich des Ischiasnerves. Das schwäbische Kreuz ist verdammt breit und groß.
Andererseits kommt vom Schwaben auch mal der Satz „du kascht mi kreuzweis“, was wiederum nichts anderes bedeutet als: „Du kannst mich am Arsch lecken“ – man sieht also, das schwäbische Kreuz ist durchaus tiefgründiger.
Das „Kreuz“ in seiner hochdeutschen Form gibt es natürlich auch. Es ist immer im Satzzusammenhang zu sehen, ob der Schwabe das Kreuz oder jenes Kreuz meint. Wir verwechseln niemals das christliche Symbol mit der menschlichen Anatomie!
S’isch halt a Kreuz mit dem Kreuz!
Dr‘ Fuaß
Hochdeutsch: der Fuß. Der schwäbische Fuß ist extrem lang. Während der Nichtschwabe als Fuß eindeutig die „Lauffläche“ am unteren Beinende betitelt und der englischsprachige Raum ein Maß damit verbindet, geht der „schwäbische Fuß“ vom großen Zeh bis zum oberen Ende des Oberschenkels. Unser Fuß ist halt etwas größer und wenn wir einen Krampf im Fuß haben, dann ist die Lage des Leidens längst nicht örtlich geklärt.
Wenn der Schwabe ein „Fußleiden“ hat, dann reicht das vom Hühnerauge am Zeh bis zum kaputten Hüftgelenk. Eine Rückfrage beim Erkrankten ist also unerlässlich. Und wenn der Schwabe „fuaßlet“, dann hat er keinen strengen Geruch am Fuß, er „saut“, sprich er rennt.
Mugg, Schnok ond Habergois
Hochdeutsch: Mücke (Stubenfliege), Stechmücke (Schnake) und Weberknecht.
Eine Mugg ist bei uns Schwaben schlicht jedwede Form eines fliegenden Insektes – ausgenommen Bienen, Wespen und Hummeln (das sind Brommeler!). Wir betiteln so die gemeine Stubenfliege, Fleischfliegen, Schwebfliegen und anderes, uns suspektes und fliegendes Getier. Eine Mugg ist immer „gemeingefährlich“, weil sie uns mit ihrem „um den Kopf fliegen“ regelrecht auf „den Sack“ geht und sich dauernd in unser Mittagessen setzen will. Daher haben wir Schwaben den „Muggabatscher“. Jene geniale Erfindung, die sich hochdeutsch Mückenklatsche nennt und selten das Objekt trifft, das „vom Leben zum Tode befördert“ werden soll. Selbstverständlich dient der Muggabatscher nicht nur zum töten von Fliegen, mir (wir) „hauet“ (klatschen) damit auch unseren Kindern auf die Finger, wenn sie dieselbigen von irgenwas lassen sollen (lasset eure Griffel vo dem Zeug). Andererseits kann eine Mugg auch ein kleines, nettes und junges Mädchen sein, wo wir natürlich nie den Muggabatscher anwenden würden. Und natürlich beschreibt die Mugg das kleinste messbare, schwäbische Maß – den Muggaseggl (den Mückenpimmel).
Die Schnog ist eine Schnake, sprich die Stechmücke. Jenes Mistvieh, das uns regelmäßig nach unserem Lebenssaft trachtet und unseren wohl verdienten Schlaf stört. Logischerweise trachten wir diesem Flugobjekt nach dem Leben. Aber nicht mittels Chemie. Nein, wir stehen mitten in der Nacht auf, verrammeln Fenster und Türen und holen den schon erwähnten Muggabatscher. Und jetzt wird im ehelichen Schlafzimmer das Weib aufgeweckt und die gemeinsame Jagd nach diesem gemeingefährlichen Insekt kann beginnen. Leider endet die Jagd oft mit einem schönen roten Blutfleck an der Zimmerdecke, da die Schnog uns schon vorher angezapft hatte. Was wiederum zur Folge hat, dass mit schöner Regelmäßigkeit das Schlafzimmer neu gestrichen oder tapeziert werden muss – aber das ist ein anderes Thema. Wir waren zumindest erfolgreich bei der Jagd, die spätestens ein paar Tage später erneut statt findet – zu Schnogazeida natürlich.
D‘ Habergois ist schlicht der Weberknecht, also jenes spinnenähnliche Insekt mit den langen Beinen und dem dürren Körper. Haber ist der schwäbische Ausdruck für „Hafer“, eine „Gois“ ist eine weibliche Ziege – zusammengestzt wäre es also die „Haferziege“. Doch so einfach ist das nicht. In diesem Fall ist nämlich das „Haber“ abgeleitet vom Wort „Hapar“, einer alten Bezeichnung für den „Bock“. Somit ist die Habergois einfach die Geis des Bockes – und alles stimmt wieder.
Als „Habergois“ bezeichnen wir Schwaben auch ein dürres, junges und langbeiniges Weibsbild. Vielleicht hat sich die „Habergois“ ja vom Weib auf den ebenfalls „dürren“ Weberknecht übertragen, was insofern schwäbisch logisch wäre, als uns das Weib näher ist als ein Weberknecht.
Beisszang
Als Beisszange bezeichnet man eigentlich das Handwerkzeug, mit dem der schwäbische Hobby-Heimwerker z.b. Nägel aus Brettern herausziehen kann. Wir haben diesen Ausdruck natürlich perfektioniert und betiteln damit eine Frau, die – wie es hochdeutsch lautet – „Haare auf den Zähnen“ hat. Selbstverständlich hat das nichts damit zu tun, dass sich eben jene Frau die Haare (auf den Zähnen) damit abzwicken könnte. Nein, das rührt von dem Wort „beissen“ = bissig und eben vom Begriff „Zange“ her. Also ein bissiges, einen in die Zange nehmendes Weibsstück – der Albtraum jedes Schwaben.
Griffl & Grifflspitzer
Die Älteren werden es noch kennen aus der Schulzeit, die Schiefertafel und den Griffel, mit dem man auf eben dieser Tafel geschrieben hat. Auch ich hatte noch Schiefertafel und Griffel. Nun sagt der Schwabe aber „i schlag Dir uf d’Griffl„, wobei er natürlich nicht meint, dass er auf dieses Schreibgerät schlägt. Nein, er haut jemand auf die Finger. Denn schwäbisch sind die „Griffl“ die Finger. Also bitte immer die Griffl von Dingen lassen, die einen nichts angehen, sonst kriegt man einen auf die Griffl.
Der Griffelspitzer diente zum anspitzen des Griffels, damit dieser immer korrekt auf der Schiefertafel geschrieben hat. Schwäbisch gesehen spitzt der Griffelspitzer aber nicht den Griffel an. Wir nennen jemanden, der es „hypergenau“ nimmt, einen „Griffelspitzer“. Also ein Individuum, das hochdeutsch „neunmalklug“ ist oder dem „jemand en’s Hirn gschissa hot“. Ergo: Grifflspitzer = Besserwisser oder Pedant.
Schbenn ond schbenna
Also die schwäbische „Schbenn“ ist das 8-beinige Krabbeltier, das wir regelmäßig in kleiner oder dicker, fetter, schwarzer und ekliger Form immer wieder im Haus „vom Leben zum Tode“ befördern müssen – die Spinne schlechthin. Der Albtraum jedes Schwaben, weil dieses Mistvieh laufend irgendwo ihr Netz spinnt, was dem Sauberkeitsverständnis jedes Schwaben zu wider ist – weil mit Arbeit verbunden – des Glomb muaß weg.
Wenn der Schwabe aber „schbennt“, dann spinnt er nicht irgendwelche Wollfäden mit dem Spinnrad, nein, das überlassen wir Schwaben den Anderen. Wenn wir „spinnen“, dann nicht am Spinnrad, dann „spinnen“ wir hirntechnisch. Sprich: Wir haben hochdeutsch „ein Rad locker“ oder „einen an der Waffel“. oder gar einen „Schuss weg“.
Oder sonst was „hochdeutsches“. Auf jeden Fall hat der Schwabe „nicht mehr alle Tassen im Schrank“ wenn er spinnt.